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Stellungnahme zu den Vorwürfen von Asyl in Not  (Archiv) 
Archiviert: 24.12.2010
Stellungnahme von Karin Klaric zu den Anschuldigungen von Asyl in Not


Ich bin zutiefst betroffen und erschüttert über die Art und Weise aber auch über die Anschuldigungen selbst in der Stellungnahme von Dr. Michael Genner.

Normalerweise reagiere ich nicht auf oberflächlich und unfundiert gemachte Vorwürfe, aufgrund der Schwere der Anschuldigungen muss ich dazu allerdings Stellung nehmen - und es ist mir wichtig, dazu weiter auszuholen und mich auch "umfangreich" zu äussern:

Familie Pliev suchte mich im März 2010 nach Abschluss ihrer Asylverfahren verzweifelt mit der Bitte um Rat und Hilfe auf und teilte mir mit, dass ihr Verfahren abgeschlossen sei. Weiters bestätigte mir die Familie und eine österreichische Unterstützerin, dass die Familie mittlerweile vollkommen unvertreten sei, da niemand mehr helfen wolle und könne. Ich übernahm daher die Vertretung des Falles und beriet die Familie rechtlich und sozial. Die Situation gestaltete sich folgendermaßen: die Familie fürchtete die Abschiebung nach Polen nach 4jährigem Aufenthalt. Die Mutter war ohne Krankenversicherung und aus ärztlichen Befunden ging eine schwere psychische Erkrankung hervor. Der Familie wurde als Ausweg geraten „unterzutauchen“, um nach 6 Monaten einen neuen Asylantrag zu stellen. Davon riet ich der Familie - wie immer - eingehend ab, machte insbesondere dem älteren Sohn klar, dass dies vor allem schwerwiegende Folgen für den jüngeren Bruder hätte, und dass sie sich nicht aus der Caritas Unterkunft entfernen sollten. Ich versuchte immer wieder, mit ärztlichen Befunden eine Aufnahme der Familie in die Grundversorgung zu erwirken und zumindest medizinische Versorgung für die schwer kranke Mutter zu gewährleisten.

Ich war mindestens 14-tägig im Kontakt mit der Familie, insbesondere mit dem älteren Sohn. Im Oktober dieses Jahres – zur Zeit der Zwillingsabschiebung war ich wirklich schwer für ihn erreichbar – erzählte er mir anschließend, dass er die Nerven verloren und mit seiner Mutter – ohne mich zu informieren und seinen Angaben nach alleine – einen Folgeantrag gestellt habe. Mich informierte er erst danach, aber ohne jeden Hinweis, zwischenzeitlich die Vertretung gewechselt zu haben. Er legte mir auch die Mitteilung, dass das Asylamt beabsichtige, den Antrag zurückzuweisen, und die Verpflichtung zur 72stündigen Meldung bei der Polizei vor. Aus allen Unterlagen war für mich nicht ersichtlich, dass er zwischenzeitlich Asyl in Not aufgesucht und/oder zum Vertreter bestellt hatte. Er selbst hat mir dies nicht mitgeteilt, sondern gesagt, dass er alleine auf eigene Faust aus Angst vor Abschiebung den Folgeantrag gestellt habe.

Ehrlich gesagt kann es öfter vorkommen, dass AsylwerberInnen aufgrund der schwierigen Situation ohne Rücksprache mit dem Vertreter handeln, oder sich bei jeder Organisation Rat holen. Wir handhaben es so, dass wir jeden, der von einer anderen Organisation beraten wird, wieder an diese Stelle verweisen. Jeder Vertreter hat einen anderen Zugang zum Fall oder einen anderen Lösungsweg. Aber im Fall Pliev war für mich weder aus den Aussagen des Klienten noch aus den Unterlagen, die mir vorlagen, ein anderer Vertreter ersichtlich.

Über die Sinnhaftigkeit des Folgeantrages kann nun fachgesimpelt werden. Ich jedenfalls war aus verschiedenen Gründen – die ich auf Wunsch der Familie hier leider nicht angeben darf - GEGEN einen Folgeantrag mit der Begründung „6 Monatsfrist verstrichen“. Asyl in Not sah das – aufgrund eines anderen Zugangs zum Fall – eben anders. Wobei ich immer noch betonen muss, bis heute NICHT gewusst zu haben, das Asyl in Not im Oktober zur Vertretung beauftragt wurde.

Am Sonntag, abends, den 29.11. bekam ich dann von unserem Büro ein Schreiben der Fremdenpolizei übermittelt, in welchem ich – wiederum als einzige Vertreterin angeführt – über die bevorstehende Abschiebung der gesamten Familie Pliev informiert wurde. Es wurde mir mitgeteilt, dass die Überstellung nach Polen mit dem Bus und die Ankunft am Zielort in Polen für Mittwoch, 9 Uhr früh, geplant sei.
Am Montag in der Früh leitete ich alle mir möglichen rechtlichen Schritte in die Wege, um die Abschiebung zu verhindern, allerdings ohne Erfolg. Daraufhin kontaktierte ich die Vertrauensperson der Familie mit der Bitte, mit der Familie so rasch wie möglich zu mir ins Büro zu kommen. Ich wollte jedenfalls in Ruhe die Lage erklären und verhindern, dass die Familie in Panik gerät und ohne Beratungsgespräch versucht, sich dem Verfahren zu entziehen.

Gegen 15 Uhr kam die gesamte Familie dann zu mir ins Büro und ich erörterte mit ihnen die Rechtslage. Letztendlich kam die Familie nach langer Beratung zum Schluss, insbesondere auch aus Rücksichtnahme auf Magomed, dem jüngeren Bruder, sich nicht dem Verfahren zu entziehen. Auch bat mich der ältere Sohn, Khizar, um Unterbringung im Haus bis zur Abholung durch die Fremdenpolizei, da er sich alleine der Situation nicht gewachsen fühle und auch Angst um die Mutter hatte.

Ab dem Moment wurden die engsten Freunde der Familie informiert, um ihnen beizustehen. Eine Psychologin kümmerte sich um die Mutter und ich informierte umgehend telefonisch und schriftlich die Fremdenpolizei, die zuständige PI im 12. Bezirk und das Caritas Heim über den Sachverhalt. Ich teilte allen mit, dass die Familie lieber in der Obhut der Freunde im Haus bleiben wolle und sich bis zum Zeitpunkt der Abholung in den kommenden Stunden im Freunde Schützen Haus aufhalten würde. Weiters wurde als Zeichen der Solidarität via Internet ein Aufruf zur friedlichen Unterstützung der Familie bei der Abholung ausgeschickt – und es wurden die Medien informiert.

Die Familie ist keineswegs im Haus untergetaucht. Daher kann auch nicht deswegen eine Abschiebung veranlasst oder eine Frist zur Überstellung nach Polen verlängert worden sein. Sondern der – mit dem Ansatz von Asyl in Not fast schon gewonnene – Fall wurde offensichtlich leider verloren. Was aber keine Schande ist, sondern umso mehr zeigt, wie wichtig es ist, dass das Unrecht, das passiert, aufgezeigt wird.

Seit Eintreffen der Familie in Österreich stand es schlecht um den Gesundheitszustand der Mutter, haben sich die Kinder bestens integriert und jahrelang auf den Ausgang des Asylverfahrens gewartet. Nach dessen Abschluss war eine Abschiebung aufgrund des schlechten Zustandes der Mutter nicht möglich. Polen hat der Rückübernahme auch jetzt wieder zugestimmt – und im Folgeantrag wurde wieder nicht auf die Erkrankung der Mutter eingegangen. Dr. Genner hat schon recht, es gibt Spielräume in den Gesetzen, aber diese Spielräume und Spiele gehen eindeutig auf Kosten der Familien und deren Kinder, hier auch auf dem Rücken des volljährigen Sohnes.

Das Freunde Schützen Haus fordert eine generelle Lösung für alle Fälle von langjährig hier lebenden, in Österreich gut integrierten Menschen – ohne Spiele. Aus den Unterlagen, die mir vorliegen, und auch aus den Aussagen der Familie selbst war nicht erkennbar, dass sie einen anderen rechtlichen Weg einschlagen wollen, als den von uns vorgeschlagenen. Und dieser war korrekt und keinesfalls ein Anraten auf Untertauchen oder Verstecken, sondern klar und transparent für alle Behörden.

Mir ist es zu wenig, auch wenn ich andere Vertreter nachvollziehen kann, die anders entscheiden, nur wieder eine Lücke im Gesetz anzuwenden und auf den Ausgang – der im Fall Pliev ein Abschiebeversuch war – zu warten.
Alle Dokumente die meine korrekte Vorgehensweise, insbesondere auch den Ablauf der Abschiebung, die Mitteilung der Behörden über den Aufenthalt der Familie usw., lückenlos dokumentieren, liegen auf.

Weiters ist – eben durch die Medienpräsenz – auch belegbar, das ich mich im Fall Pliev niemals als Retterin aufgespielt habe, sondern eindringlich festhielt, dass es alleine die – im Sinne der Verhältnismäßigkeit – richtige Entscheidung der Fremdenpolizei war, die vor allem den volljährigen Sohn vor einer Abschiebung an diesem Abend bewahrt hat. Er hätte durchaus – und viele Kollegen werden dies bestätigen – an diesem Abend noch von der Fremdenpolizei mitgenommen und abgeschoben werden können, ebenso wie auch die Mutter durchaus noch hätte im Spital festgenommen und einer amtsärztlichen Untersuchung zur Tauglichkeit der Abschiebung hätte unterzogen werden können.
Dr. Jelinek hat – in meiner Zeit als Beraterin – erstmalig sofort dem jüngeren Sohn Magomed versichert, dass die Abschiebung vorerst gestoppt werde und weder Sohn noch Mutter vom Spitalsbett weg fest genommen würden.
Da bis heute Grundsätze, wie das Verhältnismäßigkeitsprinzip, von den Behörden nicht umgesetzt werden, sehe ich es als Selbstverständlichkeit an, diesen - unüblichen - Schritt der Fremdenpolizei als positiv zu werten.

Mein Team und ich haben dieses Haus unter anderem ins Leben gerufen, um öffentlich zu machen, wie es den betroffenen Menschen geht, und um die Diskrepanz zwischen der „trockenen behördlichen Berichterstattung“ und der Realität zu dokumentieren.
Ständig wird von „konstruierter“ psychischer Erkrankung oder Suizidgefährdung gesprochen, und auch hier muss zumindest aufgezeichnet werden, was vor Ort passiert ist, um Angriffe widerlegen zu können.

Ja es wurde der Einsatz der Sanitäter aus Dokumentationsgründen - nicht wegen reißerischer Inszenierung - aufgezeichnet. Eine Notwendigkeit, die wir uns nicht aussuchen, sondern zur Beweissicherung dienen muss, leider – und über die die Betroffenen mehrfach immer wieder in Kenntnis gesetzt werden.
Ich wurde erst heute, nach Lesen der Vorwürfe von Dr. Genner, von Herrn Pliev über seinen Kontakt mit Asyl in Not informiert und darüber aufgeklärt. Üblich ist es vielmehr, das sich die Organisationen untereinander in einem solchen Fall über die Sachlage, sobald eine es bemerkt, austauschen und sich absprechen – laut meiner Erfahrung.

Ich kann mich nur auf seine Aussage berufen: Zum angeführten Telefonat mit Frau Maga. Rudersthaller meinte er nur, dies habe so stattgefunden, er wollte sie einfach „abwimmeln“ (ich wusste davon bis heute nichts).

Zu den Vorwürfen, wir würden unsere Familien nicht „frei“ leben lassen, kann ich nur den Kopf schütteln – und ich bitte jeden, sich selbst ein Bild zu machen.
Abschließend möchte ich festhalten, dass ich den Umgangston, die Vorgehensweise und die Vorwürfe für unfassbar halte und ich nicht verstehen kann, wie man mit dieser Art letztendlich nicht mir – ich kann nichts verlieren – sondern den Betroffenen und der Sache selbst schadet.

Die Motivation für diese unbelegten und unüberlegten Vorwürfe ist mir mehr als unverständlich!
Auch die Art und Weise, solch schwerwiegende und unrecherchierte Vorwürfe über Presseaussendungen zu kommunizieren, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Ich muss leider auch rechtliche Schritte aufgrund der schweren Vorwürfe einleiten.

Gleichzeitig hoffe ich, dass alle, die wir in derselben Sache uns auf unterschiedlichste Weise aber doch mit ganzem Herzen engagieren, es schaffen, endlich miteinander an einem Strang zu ziehen.
So unterschiedlich alle Organisationen auch sind, so klein und groß wir auch einzeln sein mögen, es ist vor allem wichtig, endlich die Vorurteile sein zu lassen und stattdessen die Dinge, die uns unterscheiden und verschieden handeln lassen, als Plus anzunehmen und geeint und abgesprochen für die Sache – die uns alle wohl verbindet – einzutreten.

Webseite Karin, 03.11.2010

Thema: k.D.








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